Zugegeben, die Fragestellung ist arg zugespitzt, aber es könnte tatsächlich dazu kommen: Die anhaltend starken Ergebnisse der Top-Profis führen dazu, dass wir Amateurspieler immer weniger zu lachen haben.

”Wir können jeden Platz zerlegen”

Golfprofi vor PublikumDer Hintergrund: Selbst auf den langen Plätzen stellen die Pros mittlerweile einen Rekord nach dem anderen ein, so dass es Überlegungen gibt, die Plätze noch länger zu gestalten. Die Frage ist: Bringt das überhaupt etwas? Wird ein Platz für die Pros dadurch wirklich schwieriger zu spielen?

“Länge ist nichts, wir können jeden Platz zerlegen”, sagt Masters-Sieger Adam Scott und meint sich und seine Profi-Kollegen. Einem Platz noch mehr Länge zu geben, würde nicht dazu führen, dass die Weltspitze allen anderen weiter davon zieht, so Scott. Aber was könnte helfen?

Keine Frage, wenn die Golf-Regeln die Entwicklung der Golfschläger nicht regelmäßig ausbremsen würden, dürfte wohl selbst ein durchschnittlicher Profi die 300-Meter-Marke in schöner Regelmäßigkeit knacken. So ist z. B. bei den Drivern ein Volumen von maximal 460 Kubikzentimetern erlaubt. Alles, was darüber hinausgeht, würde zu mehr Weite führen und hätte eine Disqualifikation zur Folge.

Derzeit haben die Top-Spieler der Golf-Weltrangliste die 300-Meter-Marke immerhin schon in Sichtweite. Laut PGA-Statistik kommt Cameron Champ mit dem Driver auf durchschnittliche 290,7 Meter. Dahinter liegen Rory McIlroy (287,1) und Luke List (286,5). Zum Vergleich: Der beste Spieler des heimischen Golfclubs dürfte auf etwa 220 Meter kommen, ein Durchschnittsspieler mit einem Handicap von 20 wohl auf kaum mehr als rund 180 Meter. Siehe dazu auch die Tabelle zu den Golfschläger-Weiten.


>> Golf-Schlägerkopfgeschwindigkeit


Mehr Doglegs? Schmalere Fairways?

Golfplatz LuftaufnahmeEine naheliegende Lösung ist es, die Plätze noch schwieriger zu gestalten: mehr Doglegs, noch besser platzierte Bunker, noch fiesere Wasserhindernisse. Und natürlich: noch schmalere Fairways. Die Profis hätten größere Probleme als es bei einem Platz mit noch mehr Länge der Fall wäre. Doch was ist mit den Amateurspielern?

Pros und Amateure teilen sich die Plätze – nicht unbedingt den Wald-und-Wiesen-Kurs gleich um die Ecke, wohl aber die Vorzeigeanlagen, die im Alltag ihre Brötchen ebenfalls mit Greenfee-Spielern und Mitgliedsbeiträgen verdienen.

Mir fällt da spontan der Golfplatz in der Region Berlin in Bad Saarow ein, der sich vor ein paar Jahren Hoffnung auf die Austragung der Ryder Cups gemacht hatte, oder auch der Lahinch Golfclub in Irland, dem Austragungsort der Irish Open 2019, der im Alltagsbetrieb von den Iren sogar mit Jeanshosen bespielt wird. (Kein Witz! Habe ich selbst beobachtet.)

Mehr Länge würde also nichts bringen, zumindest lt. Adam Scott und vieler anderer Profis nicht. Das klingt auch logisch.

Ein kniffligeres Kurs-Design wäre für die Profis wiederum eine Herausforderung, würde die Plätze für Amateurspieler allerdings ein Stück weit unbespielbarer machen. Eine Zwickmühle.

Warum schlagen die Pros immer weiter?

Die unglaublichen Weiten der Profis haben mehrere Gründe. Zum einen natürlich das Material: Wenn man sich einmal anschaut, welche wahren Forschungs- und Prüflabore die großen Schlägerhersteller wie z. B. Titleist unterhalten, kann man sich leicht vorstellen, dass die Biomechaniker und Ingenieure dort nicht nur Däumchen drehen.

Man kann sich selbst einen Eindruck verschaffen, wie’s hinter den Vorhängen der Hersteller zugeht: Titleist und Co. lassen Vlogger (Youtuber) gerne mal einen Blick in ihre Räume werfen, in erster Linie natürlich aus Marketinggründen. S. z. B. das Video von Mark Crossfield. Die Infos sind mit Vorsicht zu genießen, Crossfield wird von dem Unternehmen gesponsert…

In den Bereich Technik fallen auch die stark verbesserten Trainingsmethoden. Pros arbeiten z. B. mit Launchmonitoren, die Hinweise auf kleinste Unstimmigkeiten geben. Mit einem erfahrenen Trainer an der Seite, sind enorme Verbesserungen möglich. Profis, die Änderungen schnell und effizient umsetzen können, gehen da dicht an die Grenzen der Biomechanik.

Hinzu kommen Mentaltrainer, die den Spielern dabei helfen, auch in stressigen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren. Auch hier sind, je nach Ausgangslage, große Entwicklungssprünge möglich.

Oben drauf kommt noch die körperliche Verfassung. Die durchtrainierten Körper von z. B. Dustin Johnson oder Brooks Koepka stehen denen der Kollegen anderer Sportarten in nichts nach. Das war lange Zeit nicht so. Der Vorteil besteht nicht nur darin, mehr Kraft hinter den Ball zu bekommen, sondern auch, dass ein fitter Spieler länger fokussiert sein kann. Gerade gegen Ende einer Runde kann die Fitness über Sieg oder Niederlage entscheiden. Und natürlich darüber, ob ein außergewöhnlich gutes Ergebnis zustande kommt.


>> 525 US-Dollar für eine Runde Golf: die teuersten Golfplätze der Welt


Ich bin gespannt, wie sich die Diskussion weiterentwickelt und ob es tatsächlich Auswirkungen für Profis und Amateure geben wird. Entscheidend werden letztlich nicht nur die Entscheidungen der Platzbetreiber sein, sondern auch die von PGA und European Tour. Und was dort entschieden wird, lässt sich oftmals nur schwer vorhersagen.
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