Wenn ein Golfer auf Irland blickt, sieht er nicht die vielen schmalen Straßen mit ihren losen Steinmauern. Er sieht auch nicht die acht Millionen Schafe, die auf der Insel für einen kurzen Rasen sorgen, oder die uralten Ruinen, die überall in der Landschaft stehen.
Er sieht einen einzigen riesigen Golfplatz – ein Paradies für Golfer.
Von Norden bis Süden sind es in Irland gerade einmal 450 Kilometer. Wer die Strecke abfährt, glaubt ohne Weiteres, dass die Insel sage und schreibe 400 Golfplätze zählt. Zum Vergleich: Die deutschen Golfer schwingen ihre Schläger auf gut 700 Plätzen – bei allerdings einer gesamten Landesfläche, die fünfmal so groß ist, und einer Einwohnerzahl, die gut 18 mal höher ist.
Der Anteil der Golfer liegt damit in Deutschland bei knapp 0,8 Prozent, was immerhin einem Mittelfeldplatz im europäischen Vergleich bedeutet. Irland hat hier die Nase klar vorn: Mehr als 4 Prozent der Iren spielen Golf. Auf die gesamte Bevölkerung in Europa gerechnet sind damit nur noch in Island und Schweden mehr Golfer unterwegs.
Die Iren lieben Golf, aber hinter diesen paradiesisch anmutenden Bedingungen steckt zu einem Großteil ein verfehltes Kalkül irischer Golfplatz-Manager und Lokalpolitiker.
Warum Irland so viele Golfplätze hat
Mitte des letzten Jahrhunderts versuchten die Iren, aus der Liebe ihrer Landsleute zum Putten und Golfschläger-Schwingen Kapital zu schlagen und planten einen Golfplatz nach dem anderen. Das Ziel: Die Plätze sollten den darbenden Tourismus ankurbeln und das Land noch unabhängiger von der Landwirtschaft machen. Das Ergebnis: Die eingangs so gepriesene Golfplatzdichte war schnell zu hoch. Und ist es bis heute. Trotz der allgemeinen Golf-Leidenschaft in Irland gibt es zu wenige Spieler für zu viele Golfplätze.
Die Lösung dieses Problems passt zum Charakter und besonders zur Geschichte des Landes: es wurde kreativ gedacht und gehandelt.
Statt einige der Golfplätze wieder zu schließen, wurden vielerorts die Preise massiv gesenkt (sowohl die Mitgliedsbeiträge, als auch die Green Fee), die Etiquette wurde gelockert, es sollten möglichst viele Iren zum Golfschläger greifen – allerdings nur auf den neu geschaffenen Plätzen. Die altehrwürdigen Golfclubs mit ihrer großen und langen Tradition blieben von den Maßnahmen weitestgehend unberührt.
Auf den damals neu geschaffenen, oft frei zugänglichen Golfplätzen (eine Platzreife ist nicht erforderlich) geht es mitunter recht locker zu. Bis heute scheinen die Kleidervorschriften auf diesen Anlagen häufig nicht mehr als eine lose Empfehlung, was man wiederum in den gehobenen Clubs nicht gerne sieht. Einige Traditionalisten sehen den Charakter der Sportart in Gefahr.
Für die alteingesessenen Golfer, die ihre Golfer-Tradition vehement verteidigen, gibt es allerdings zahlreiche Rückzugsmöglichkeiten: In den großen und renommierten Golfclubs wie zum Beispiel dem Kildare Golf und Country Club hat sich wenig bis nichts geändert. Natürlich auch nicht die stolzen Preise für Green Fee und den anschließenden Whiskey im Clubhaus.
Wenn es um die altehrwürdigen Golfclubs geht, gibt es keinen Zweifel: Die irischen Top-Clubs sind eine Klasse für sich, auch im internationalen Vergleich – unter den Golf-Fans ist dieses kein Geheimnis: Jedes Jahr kommen rund 240.000 Golfer aus der ganzen Welt nach Irland, vornehmlich, um auf den gehobenen und traditionsreichen Anlagen abzuschlagen. Zusammen mit den frei zugänglichen Plätzen machen sie mittlerweile gemeinsam den Charme des irischen Golfs aus.
Wer das Golfen liebt, ist in Irland genau richtig, ob nun Etiquetten-Liebhaber oder -Ächter.
>> Was ist typisch irisch?
(Foto ganz oben und Beitragsbild: rebel / pixelio)
Toll gemachte Homapage, das Layout gefaellt mir echt gut!
War bestimmt ’n haufen Aufwand.