Vorweg: Ich hab’s selbst schon mal getan und werde es wohl auch wieder tun, zumindest hin und wieder mal. Eine Golf-Fernmitgliedschaft hat einige Vorteile – für den Golfer – und auch Nachteile. Diese allerdings eher für die Golfer-Gemeinde bzw. die Clubs.
Inhalt
1. Das ist eine Golf-Fernmitgliedschaft
Eine Golf-Fernmitgliedschaft wird von regulären Golfclubs für Spieler angeboten, die 150 Kilometer oder mehr vom Club entfernt wohnen. Je nach Club sind auch geringere oder größere Distanzen möglich.
Die Fernmitglieder haben in der Regel nicht die gleichen Rechte wie die vollwertigen Mitglieder. Neben einem eingeschränkten Spielrecht – Fernmitglieder müssen zusätzlich zu ihren Mitgliedschaftsgebühren ein Greenfee entrichten – haben Fernmitglieder häufig auch kein volles Stimmrecht bei den Clubversammlungen.
Golf-Fernmitgliedschaften werden in Deutschland von zahlreichen Golfanlagen angeboten, auch von renommierten Clubs. Die Angebote werden allerdings nicht immer auf der Website erwähnt – Fernmitgliedschaften werden von den regulären Mitgliedern nicht durchweg gerne gesehen. Es wird befürchtet, dass ein Golf-Tourismus entsteht, der das gesellige Club-Leben stört, in dem jeder jeden kennt und beim Vornamen nennen kann.
Fernmitgliedschaften werden in der Regel über entsprechende Online-Portale abgeschlossen, die eine Kooperation mit den Golfanlagen eingegangen sind. Die Preise für eine Mitgliedschaft fangen mitunter bereits bei unter 20 Euro pro Jahr an (zuzüglich Verbandsabgaben)! Eine reguläre Mitgliedschaft steht dazu in keinem Verhältnis.
1.2 Der Hintergrund
Auf den ersten Blick ist eine Fernmitgliedschaft eine Win-Win-Situation: Die Golfer zahlen eine fast schon unglaublich geringe Gebühr, die Clubs haben in der Summe wenigstens geringe Mehreinnahmen. Denn neben der Gebühr müssen die Fernmitglieder ja auch ein Greenfee entrichten, wenn sie auf „ihrem“ Platz spielen möchten. Besonders häufig dürften die Besuche der Fernmitglieder zwar nicht vorkommen, ab und an dann aber doch.
2. Die Vorteile
Eine Fernmitgliedschaft kostet nur einen Bruchteil einer Vollmitgliedschaft, hat allerdings auch die o. g. genannten Einschränkungen. Für Golfspieler lohnt sich die abgespeckte Mitgliedschaft in der Regel, da entweder:
- der Spieler oft in der Nähe des Clubs ist, trotz der großen Entfernung zum Wohnort.
Dieses kann z. B. der Fall sein, wenn der Spieler aus beruflichen oder privaten Gründen häufig in der Region des Golfplatzes unterwegs ist.
Oder:
- Der Spieler möchte den Preis für eine vollwertige Mitgliedschaft nicht zahlen, benötigt aber dennoch ein Handicap, um z. B. auf Plätzen mit Handicap-Beschränkung zu spielen oder um an Golf-Turnieren teilnehmen zu können.
Der zweitgenannte Grund kommt vermutlich häufiger vor als der erste.
Der “Handicap-Zwang” an den Wochenende und auf Turnieren war vermutlich der Startschuss für die zahlreichen Fernmitgliedschafts-Angebote. Denn wer ein Handicap haben möchte, braucht einen Golf-Club, der das Handicap “führt”, also verwaltet. Ohne einen Golf-Club gibt es kein Handicap (mal von der Vereinigung clubfreier Golfer [VcG] abgesehen). Gerade Gelegenheits-Golfer scheuen die Club-Gebühren, die im Vergleich zu früheren Jahren zwar mittlerweile ausgesprochen niedrig sind, aber dennoch ein nicht unerheblicher Posten in der Haushaltskasse sein können.
3. Die Nachteile
Der bereits erwähnte Golf-Tourismus, den einige vollwertige Club-Mitglieder fürchten, hält sich vermutlich in überschaubaren Grenzen. Denn die Zahl der Golfer, die eine Fernmitgliedschaft abgeschlossen haben und tatsächlich hin und wieder in “ihrem” Club vorbeischauen, ist vermutlich eher gering. Der Großteil der “Fern-Golfer” benötigt wahrscheinlich das Handicap.
Sollte nun aber der Trend weiter anhalten, dass immer mehr Golfer nicht mehr in einem Club eine vollwertige Mitgliedschaft abschließen und stattdessen lieber “nur” das Greenfee entrichten, könnte der eine oder andere Golf-Club finanzielle Probleme bekommen. Denn für das wirtschaftliche Überleben sind die vollwertigen Mitglieder entscheidend, nicht die Fernmitglieder!
Der Effekt könnte sein, dass entweder Clubs in so große finanzielle Schwierigkeiten geraten, dass die Insolvenz in gefährliche Nähe rückt. Oder dass an z. B. dem Greenkeeper-Team oder dem Trainer-Team gespart wird. Die Golfer vor Ort werden dieses bemerken! Wer viel unterwegs ist und sich mit den Verantwortlichen unterhält, wird sicherlich schon von wenigstens einem der beiden Szenarien gehört haben. Die Clubs mit gehobenem Standart – die selbst Voll-Mitglieder nur nach einer persönlichen Empfehlung eines Mitgliedes aufnehmen – dürften davon weitestgehend unberührt bleiben. Die Zielgruppe dieser Clubs nutzt Fernmitgliedschaften höchstens als Zweit-Mitgliedschaft.
Während der Anteil der vollwertigen Mitglieder in den letzten zehn Jahren relativ konstant geblieben sein soll, nimmt die Zahl der Fernmitgliedschaften stetig zu (zumindest nach Angaben der Fernmitgliedschafts-Portale – bei dieser Statistik ist also Vorsicht geboten). Ein Drittel aller beim Golfverband eingetragenen Golfer soll mittlerweile eine Golf-Fernmitgliedschaft besitzen! Zudem erhält der VcG einen immer größer werdenden Zulauf – eine weitere Konkurrenz für die ortsansässigen Clubs.
4. Fazit
Eine Fernmitgliedschaft halte ich nicht für verwerflich – im Gegenteil. Ich habe diese Möglichkeit der Mitgliedschaft schon selbst genutzt, wie oben erwähnt. Der Preisunterschied zu einer vollwertigen Mitgliedschaft ist einfach viel zu groß, als dass man hier reine Gewissensgründe ins Feld führen könnte. Wer nicht nur für sich selbst, sondern auch noch für Familienmitglieder zu sorgen hat, wird die stattlichen Mehrausgaben, die bei einer regulären Mitgliedschaft anfallen, nur schlecht (wie ich glaube: überhaupt nicht) verargumentieren können. Anders sieht es natürlich aus, wenn man so häufig spielt, dass sich eine reguläre Mitgliedschaft im Club nebenan wieder anbietet.
>> Was passiert mit meinem Handicap, wenn ich mit dem Golfsport pausiere?
Für die Golf-Clubs, die enorme Kosten vor allem für die Pflege ihrer Anlagen zu tragen haben, kann diese Form der Konkurrenz allerdings zu einer Gefahr werden. Wie bedrohlich die verschiedenen Szenarien tatsächlich sind, können letztlich nur die Clubs selbst mit einem Blick in die eigene Bilanz beantworten. Wenn man nun aber sieht, dass gerade die eher bodenständigen Clubs – und damit: die “bedrohten” Clubs – selbst die Fernmitgliedschaften anbieten, kann man davon ausgehen, dass es im Ernstfall ein eher schleichendes “Club-Sterben” geben wird. Denn in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wird man auf die eigenen Einnahmen durch die Fernmitgliedschaften schwerlich verzichten wollen – und sich nicht selbst das Leben noch schwerer machen, indem man diese Einnahmequelle anprangert. Der Hund wird sich eher selbst in den Schwanz beißen.
Über den Autor
Erst in fortgeschrittenem Alter begann die „Golf-Karriere“ von Golf Knigge. Die Zuwendung zum Golfsport sollte sich als Glücksfall herausstellen: Nicht nur das Spiel an sich ist eine Offenbarung, auch das darüber Schreiben macht unglaublich viel Spaß!